Grün, grün, grün sind alle deine Kleider?

Outdoor-Mode: bequem, robust, atmungsaktiv, aber auch nachhaltig? (Foto: Ron Lach von Pexels)
Atmungsaktiv, pflegeleicht, strapazierfähig und natürlich bequem sind für dich wichtige Kriterien um draußen durch die Natur zu streifen? Gibt es das und kann es nachhaltig sein? Hier ein kleiner Überblick über die Materialien, die üblicherweise in deiner Kleidung sind, ihre Vor- und Nachteile und Informationen zur Nachhaltigkeit.

Durchschnittlich 60 Kleidungsstücke kauft ein Deutscher im Jahr. Nur die Hälfte davon wird regelmäßig getragen. In Europa werden jährlich circa 4,4 Millionen Tonnen Kleidung auf die Müllkippe geworfen oder verbrannt.1 Ursache des schnellen Konsums ist der weiterhin wachsende Fast Fashion Markt mit seinen massenhaft hergestellten Billigklamotten. Er steht zu Recht aus ökologischer, sozialer und ökonomischer Sicht in der Kritik. Die Produktion dieser schnelllebigen Mode verursacht nicht nur einen hohen Ressourcenverbrauch, sie erfolgt auch unter zweifelhaften Arbeitsbedingungen in Niedriglohnländern und geht mit einer erhöhten Umweltverschmutzung einher. Hinzu kommt: aufgrund der schlechten Verarbeitung eignen sich immer mehr Kleidungsstücke nicht mehr als Secondhand-Ware oder zum Recyceln.

Der gegenläufige Trend wird zum Beispiel Fair Fashion, Sustainable Fashion oder Eco Fashion genannt. Immer mehr Firmen erkennen, dass Nachhaltigkeit im Trend ist und ihre Kundinnen und Kunden sich mehr Gedanken um ihren eigenen Einfluss auf Mensch und Umwelt machen. Hinzu kommt, dass die Textilien ohne giftige Farben, Waschungen oder andere Behandlungen auskommen und so hautverträglicher sind. Nachhaltige Mode kannst du an entsprechenden Gütesiegeln und Zertifikaten erkennen. Greenpeace empfiehlt die Label von GOTS (Global Organic Textile Standard) und IVN Best vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft. Hersteller nachhaltiger Materialien zeichnen sich außerdem häufig durch eine große Innovationsfreude aus, es ist spannend zu beobachten welche neuen Produktionstechniken und Materialien entstehen, um weiter Ressourcen und Umwelt zu schonen.

Im Folgenden werden zunächst die hauptsächlich in Kleidung enthaltenen Stoffe beschrieben.

Die Produktion von Bio-Baumwolle benötigt deutlich weniger Pestizide und Wasser (Bild: Cottonbro, Pexels)

Die Naturfasern

Der vielseitig einsetzbare Klassiker ist Baumwolle. Baumwolle ist atmungsaktiv, kann einiges an Feuchtigkeit aufnehmen, ohne unangenehm auf der Haut zu sein, ist bequem, pflegeleicht und langlebig. Kleidung aus reiner Baumwolle ist besonders für Allergiker zu empfehlen. Greenpeace bezeichnet Baumwolle allerdings als „Königin der Pestizide“ und ihre Herstellung als dramatisch für die Umwelt.2 Produkte aus Bio-Baumwolle sind circa 20 bis 40 Prozent teurer als aus herkömmlicher Baumwolle. Dafür werden beim Anbau und bei der Produktion weniger Giftstoffe und Pestizide eingesetzt.

Auch im Sommer ist es gut, einen warmen Pulli dabei zu haben. Ich habe im Sommer und Winter immer einen Wollpullover aus Schurwolle dabei. Er hält mich kuschelig warm, ohne dass ich schwitze, da er atmungsaktiv ist. Praktisch beim Campen: Wolle knittert nicht. Was ich erst lernen musste: Schurwolle ist tatsächlich unempfindlich gegen Schmutz, hat geruchshemmende und antibakterielle Eigenschaften. Tatsächlich reicht es in der Regel aus, entstandene Flecken lediglich mit etwas Wasser und eventuell etwas Wollwaschmittel heraus zu tupfen und die Kleidung an der frischen Luft auszulüften. Unschöne Gerüche verschwinden in der Regel nach einer Weile. Sollte Schurwolle doch gewaschen werden, dann verwende immer ein spezielles Wollwaschmittel* und keine Bleichmittel oder Weichspüler.

Eine ebenfalls nachhaltige Wolle ist Merinowolle. Sie stammt ausschließlich vom Merinoschaf. Diese Wolle ist besonders fein, dadurch weich und kratzfrei. Aus diesem Grund und weil sie temperaturregulierend und atmungsaktiv ist, ist sie gerade für Outdoor- und Funktionsbekleidung beliebt.

Durch ihre Wolle sind nicht nur Schafe gegen Wind und Wetter gut geschützt (Bild: Grüner Campen)

Entscheidendes Kriterium für Bio-Wolle ist, dass kein Tier für die Gewinnung leiden muss. Um ein entsprechendes Siegel zu erhalten, wird auf artgerechte Haltung geachtet und bei Schafen ist das sogenannte Mulessing-Verfahren untersagt. Dies ist ein schmerzhaftes Verfahren zur Eindämmung von Fliegenmaden, bei dem Haut rund um den Schwanz von Schafen ohne Schmerzausschaltung entfernt wird. 

Wenn es im Sommer heiß ist, eignet sich Leinen, gewonnen aus dem Stängel der Flachspflanze. Gemischt wird das Material häufig mit Baumwolle, genannt Halbleinen. Beliebt ist der leichte Stoff für Sommerkleidung und Bettwäsche: Leinen gibt Feuchtigkeit gut ab, ist strapazierfähig und die luftig-leichten und kühlenden Eigenschaften sorgen für ein angenehmes und erfrischendes Gefühl auf der Haut. Allerdings ist der Stoff komplett unelastisch und daher nicht für Sportmode einsetzbar.  Und worum dir beim Campen keine Gedanken machen musst ist bügeln: Leinen knittert ohnehin nach einiger Zeit. Leinen wird aufgrund der natürlichen Gewinnung und des dafür relativ geringen Wasserverbrauchs gegenüber Baumwolle häufig als direkt nachhaltig bezeichnet. Doch auch andere Faktoren sind zu berücksichtigen. Bei Bio-Leinen wird auf chemische Dünger verzichtet, zur Schonung der Böden auf natürliche Weise wird im Fruchtwechsel angebaut und es wird keine Warmwasser-Röstung, die umweltbelastendes Abwasser verursacht, durchgeführt. Durch die längere Produktionszeit und die kostenintensivere Anbaumethode führt allerdings auch hier zu höheren Verkaufspreisen. 

Hanf, gewonnen aus einer bestimmten schnellwachsenden Cannabis-Pflanze, wird vermehrt in der Textilbranche eingesetzt. Die Faser ist strapazierfähig, saugfähig, atmungsaktiv und hypoallergen. Allerdings zeigt sich gerade zu Beginn ein rauhes Tragegefühl, welches sich mit der Zeit verliert. Hanf knittert leicht. Zum Anbau benötigt die Hanfpflanze keine chemisch-synthetischen Spritzmittel. Zudem ist sie sehr vielseitig und kann komplett verwertet werden. 

Hanf: Vielseitige Pflanze, auch für Kleidung (Bild: iStockphoto)

Die Regeneratfasern

Regeneratfasern sind Fasern aus natürlichen, nachwachsenden Rohstoffen, hergestellt über chemische Prozesse.

Viskose ist eine Faser natürlichen Ursprungs: aus Cellulose, gewonnen aus Eukalyptus, Pinien- und Buchenholz. Da ein industrieller chemischer Prozess notwendig ist, die Fasern künstlich zu erzeugen, nennt man Viskose jedoch Chemiefasern. Früher hieß Viskose auch Kunstseide, da sie einen seidenähnlichen Glanz hat. Der Stoff ist hautverträglich, weich und antistatisch. Viskose ist nicht nur in Textilien enthalten, sondern auch in Verbandsmaterialien, Feuchttüchern, Geldscheinen, Teebeuteln… Reine Viskose ist vollständig biologisch abbaubar, jedoch enthält sie meist Zusätze, die die Kompostierbarkeit einschränkt. Des Weiteren wird für die Produktion viel Energie benötigt und es werden große Mengen an stark gesundheitsschädlichen Chemikalien freigesetzt, welche die Arbeiter und die Bewohner der an die Fabriken angrenzenden Regionen belasten. Nur unter der Voraussetzung, dass bestimmte Bedingungen bei der Produktion eingehalten werden, kann sie als nachhaltige Faser bezeichnet werden. Hierzu zählen die Verwendung von regionalem Holz und vor allem die Reinigung von belastetem Abwasser und der Abluft. Im Vergleich zu den üblichen Fasern aus Asien erfüllen zum Beispiel deutsche oder österreichische Hersteller häufig hohe Umweltstandards.

Der Trendstoff für nachhaltige Mode ist Lyocell, auch unter Tencel, dem Markennamen der österreichischen Firma Lenzing, bekannt. Diese Faser wird ebenfalls mittels eines Lösemittelverfahrens aus Holz, meistens Eucalyptus, gewonnen. Allerdings werden hierzu keine giftigen Chemikalien wie bei Viskose benötigt. Greenpeace stellt in einem Bericht heraus, dass die Produktion von Lyocell weniger Chemie und Wasser verbraucht als Viskose. Die Herstellung erfolgt in einem geschlossenen Stoffkreislauf. Laut eigenen Angaben verwendet die Firma Lenzing nur Holz aus nachhaltiger Holzwirtschaft. Kleidung aus Lyocell-Fasern ist angenehm zu tragen, sie ist weich, kühlend und extrem atmungsaktiv. Beliebt ist der Stoff daher für nachhaltige Sportmode, ebenso wie für Matratzenbezüge und Bettwäsche.

Eine weitere umweltfreundliche Alternative, ähnlich dem Lyocell, ist die Modal-Faser, gewonnen aus Buchenholz aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Vorteil ist hier, dass Buchen in Europa wachsen und dadurch lange Transportwege entfallen. Kleidung aus Modal ist atmungsaktiv, langlebig, hautfreundlich und besitzt ähnlich wie Viskose und Lyocell einen seidigen Glanz. Eingesetzt wird der Stoff vor allem für Bettwäsche, Schlafanzüge und Unterwäsche.

Regionale Buchen: Nachwachsender Rohstoff der Modal-Faser (Bild: Mike van Schoonderwalt, Pexels)

Die Kunstfasern

Gerade Outdoor- und Regenbekleidung, Fleecepullis und Sportbekleidung bestehen meistens ganz oder teilweise aus synthetischen Fasern. Polyester, Elastan, Polyacryl und Nylon (Polyamid) sind Kunstfasern, die zumeist auf Basis von Erdöl gewonnen werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass auch du diese Fasern in deiner Kleidung hast ist hoch: mehr als 60 Prozent unserer Kleidungsstücke enthalten mittlerweile Polyester.4 Vorteile von synthetischen Fasern sind ihre einfache und billige Herstellung, die hilft den weltweiten Bedarf zu decken, ihre Langlebigkeit und ihre Formstabilität. Außerdem trocknen die Gewebe schnell, sie sind leicht und knittern nicht. Allein aus dem Grund, dass vor allem die „Poly-Kunstfasern“ häufig elektrostatisch sowie kaum atmungsaktiv sind und ich leicht darin schwitze, habe ich sie jedoch immer wieder zurück auf die Stange gehängt. Polyesterfasern „müffeln“ zudem schneller als Baumwolle.

Synthetische Fasern haben zwei ökologische Nachteile: ihre Herstellung verbraucht sehr viel Energie und sie verrotten niemals. Beim Waschen verlieren sie Mikroplastik, winzige Kunstfaser-Partikel, die nicht vollständig durch die Kläranlagen abgefangen werden und so übers Abwasser in Flüsse und Meere gelangen. Mikroplastik wird in Fischen, Muscheln, im Trinkwasser, in Milch und Honig gefunden. So gelangen es über die Nahrung in uns Menschen. Durch die relativ große Oberfläche reichern sich zudem zahlreiche Umweltgifte in den Gewässern an dem Mikroplastik an, darunter Schwermetalle, Pestizide und andere. Fische und Muscheln sterben an inneren Verletzungen und Entzündungen.

Mikroplastik verschmutzt zunehmend unsere Meere (Bild: Sven Scheuermeier, Unsplash)

Fakt

Jährlich werden gemäß einer Studie der Weltnaturschutzunion (IUCN) 1,53 Millionen Tonnen Mikroplastik in die Meere gespült. Unser Beitrag in Europa sind umgerechnet 54 Plastiktüten, die jede und jeder von uns jedes Jahr ins Meer werfen würde. Mehr als eine Plastiktüte pro Woche! 35 Prozent des Mikroplastiks in den Meeren bestehen aus Fasern aus synthetischer Kleidung.3

Es gibt verschiedene Gründe, die dennoch für ein Kleidungsstück aus synthetischen Fasern sprechen können. Eine Alternative, welche zumindest ressourcenschonend ist, ist Outdoorkleidung aus Recycling-Polyester wie eingeschmolzenen PET-Flaschen. ECONYL® Nylon wiederum wird aus Fischernetzen, die zum Teil herrenlos im Meer herumtreiben, sowie anderem Nylon zu Kleidung verarbeitet. Ein Blick in das eingenähte Etikett zeigt dir, wie hoch der Recycling-Anteil ist. Im Besten Falle ist die Kleidung kreislauffähig.

Ob recycelt oder nicht: die Kleidung ist biologisch nicht abbaubar und verliert beim Waschen immer Mikroplastik.  Eine Möglichkeit zu verhindern, dass die Mikroplastikteilchen ins Abwasser gelangen, scheint der Waschbeutel „Guppyfriend“ zu sein. Er besteht aus Polyamid 6.6, einem glatten Material, welches selbst keine Kunststofffasern verlieren soll und dafür sorgt, dass sich die abgebrochenen Fasern aus den Kleidungsstücken im Beutel ablagern. Ein weiterer Pluspunkt: die Kleidung soll durch verringerte Reibung sogar geschont werden, da der Faserbruch reduziert werden soll. Die Verwendung eines solchen Beutels sollte dich jedoch nicht dazu verleiten sorglos synthetische Kleidung zu kaufen.

Tipp

Genauso wichtig wie das Material ist der Ort der Produktion. Kommt dein neues Teil aus Deutschland und/oder Europa, so unterstützt du damit schon mal nicht die oft ausbeuterischen Arbeitsverhältnisse in Asien oder anderen Billiglohnländern. Zudem sind die Anforderungen an die Abwasserreinigung in Deutschland und Europa um einiges höher.

Unsere Deponien bieten genug für recycelte Materialien. Das Sammeln von Plastik an den Stränden in tropischen Ländern marketingtechnisch wunderbar und macht natürlich auch Sinn. Bei der Verwendung für Kleidungsstücke ist allerdings auch hier die Öko-Bilanz zu berücksichtigen, die der Transport etc. bewirkt. Besser wäre es in diesen Ländern ebenfalls darauf hinzuarbeiten Plastik zu vermeiden und vor Ort zu recyceln.   

FAZIT

Es gibt inzwischen viele Anbieter für schöne, angenehm zu tragende, strapazierfähige und nachhaltige Mode für jeden Anlass und in guter Qualität. Siegel helfen dir bei der Auswahl. Der Markt liefert immer neue, nachhaltigere Ideen. Bei aller Freude am shoppen gehen: auch hier gilt die einfache Nachhaltigkeitsmaxime „Reduce – Reuse – Recycle“. Am Nachhaltigsten ist es Kleidungsstücke lange zu tragen, sie auch mal zu reparieren und weniger zu kaufen. 

Quellen:

1https://www.greenpeace.de/themen/endlager-umwelt/fast-fashion-versus-gruene-mode
2https://www.greenpeace.org/luxembourg/de/aktualitaet/11135/nachhaltige-mode-oder-fast-fashion/ 
3https://portals.iucn.org/library/sites/library/files/documents/2017-002-En.pdf
4https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/i03971-20170718-greenpeace-flyer-mikrofaser.pdf

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